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Notdienst aus Apothekersicht

Zuerst einmal etwas Grundsätzliches über den Notdienst: jede Apotheke ist per Gesetz zu diesen Diensten verpflichtet, sie gehören zu den sogenannten Gemeinwohlpflichten der Apotheken (wie auch Kontrahierungszwang oder das Notfalldepot), die Einteilung der Dienste wird von der jeweiligen Landesapothekerkammer gemacht. Es gibt genaue Vorschriften, wie groß ein Notdienstkreis sein darf. So soll vermieden werden, dass die Patienten unzumutbare Anfahrtswege haben.

Die Häufigkeit der Dienste hängt verständlicherweise von der Anzahl Apotheken in einem Notdienstkreis ab. So haben z. B. die Apotheken im Notdienstkreis Schaumburg alle zwei Wochen Dienst, während die Apotheken in Hannover nur alle vier Wochen dran sind. Ich kann es mir als Inhaber also nicht aussuchen, welchen Dienst ich machen will. Hier ist es so, dass unsere Dienste durch die Woche wandern, sodass wir an jedem Tag mal dran sind.

Was für Wünsche habe ich als Apotheker an meine Notdienstkunden?

Zu aller erst: ruft bitte NIE nach zwanzig Uhr in einer Apotheke an und fragt: „Haben Sie Notdienst?“ Wenn jemand abhebt, dann hat diese Apotheke Notdienst. Wenn ich nämlich aus irgendeinem anderen Grund länger bleibe, dann gehe ich nicht mehr ans Telefon. Schon gar nicht sollte man diese Frage um zwei Uhr nachts stellen, dann hat der Apotheker nämlich vermutlich schon geschlafen (ja, ich gehe im Notdienst ins Bett) und wird möglicherweise leicht genervt sein. Fragt lieber: Wo finde ich Sie? Haben Sie das Medikament XY da? Ihr solltet dann am besten den Namen auch lesen können – die Aussage, ich habe etwas gegen Blasenentzündung verschrieben bekommen, „Ich kann das aber nicht lesen, haben sie das da?“, ist zwar eine nette Anekdote, aber um halb vier Uhr morgens lache ich da nicht mehr bzw. noch nicht. Mal ganz davon abgesehen, dass ich diese Frage selbst zu normalen Zeiten nicht wirklich hätte beantworten können.

Als nächstes: die Inanspruchnahme des Notdienstes kostet 2,50 €, in Worten zwei Euro fünfzig. Seid Euch im Voraus darüber klar, dass die Nasentropfen für 3,99 € demnach im Sonntagsdienst 6,49 € kosten. Wem das zu viel ist, der möge bitte bis Montag warten. Wer dann oberschlau sein will und sich mit seinem Einkauf an jemand anderes hängen will, bekommt von mir diese Summe trotzdem berechnet. Sie wird dann halt in den Arzneimittelpreis eingerechnet…. Diskutiert also bitte nicht über diese Gebühr, sie ist seit über fünfzehn Jahren unverändert und im Vergleich zu einem Handwerker-Notdienst (ich sage nur Schlüsseldienst) ein Witz. In meinen Apotheken darf der Diensthabende diese Gebühr behalten – der Notdienst ist nämlich schon im Gehalt drin. Nehmt also Bargeld mit oder wenigstens eine EC-Karte, wenn Ihr den Notdienst braucht.

Bitte denkt nicht: ach, die sind ja sowieso da, dann kann ich doch auch gleich noch mein Rezept von vor zwei Wochen einlösen und endlich mal die Halsbonbons mitnehmen. Der Notdienst ist für Notfälle gedacht, wir leisten ihn zusätzlich zu unserer normalen Arbeit. Ich habe Verständnis für Nasentropfen, Fieberzäpfchen, Halspastillen um drei Uhr nachts. Vielleicht sogar noch für einen Schwangerschaftstest, Pille danach ist gar keine Frage, auch Kondome meinetwegen. Aber das Pillenrezept von vor zehn Tagen, die Abnehmtropfen oder Gummibärchen, holt das bitte zu unseren regulären Öffnungszeiten.

Wir können im Dienst auch keine Medikamente ausliefern – Ihr dürft uns aber gerne ein Taxi vorbeischicken, und wir geben dem Fahrer das Benötigte mit. Aber ich darf die Apotheke nicht verlassen und habe sonst niemanden, der etwas ausfahren könnte. Die Frage „Wer soll das bezahlen?“, kann ich auch nicht wirklich befriedigend beantworten (die gewünschte Antwort ist: die Apotheke – äh, nein).

Auch eine ausführlichste Beratung mit Internetrecherche o. ä. werde ich im Dienst nicht machen (können), schon gar nicht am Telefon, denn ich kann ja nicht die Leitung blockieren. Ich war z. B. auch wenig begeistert von einem Anruf so gegen halb zwei, wo eine jüngere Frau einfach mal so wissen wollte, was denn die beste Methode zum Abnehmen wäre. Ohne irgendwelche akute Beschwerden versteht sich. Zur Erinnerung: die meisten von uns legen sich so gegen zwölf Uhr hin und versuchen zu schlafen. Wenn Ihr schon so ein Späßchen machen wollt, bleibt gefälligst am Telefon, damit ich Euch dann auch zusammenstauchen kann….

Die Notdienste beginnen in der Regel um halb neun – informiert Euch vorher und sprecht nicht beleidigt der ahnungslosen und sehr wohl pünktlichen Apotheke auf Band, dass es ja acht Uhr wäre und sie nicht da sei, und das wäre eine Unverschämtheit und man würde sie bei der Kammer anzeigen – jedenfalls nicht, wenn der Dienst, wie auf der Notdienstanzeige an der Tür deutlich angeschrieben erst um halb neun beginnt.

Das Fazit: ich mache meine Notdienste willig und nach bestem Vermögen, jeder echte Notfall ist willkommen und wird ohne Murren versorgt. Das beinhaltet auch Telefonate zu anderen Apotheken oder den Ärzten. Ich möchte niemanden unversorgt wegschicken, wenn ich es nicht vermeiden kann. Wenn es bedeutet, dass ich jemandem den Arm durch die Klappe hindurch verbinde und ihm dann anschließend noch ein paar Kreislauftropfen gebe, weil ihm so blümerant geworden ist. Mache ich alles gerne. Juxanrufe, Unverschämtheit, Anspruchsdenken dagegen finde ich nur ärgerlich und werde entsprechend unfreundlich. In diesem Sinne alles Gute.

-Ihre Apotheke

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